Restaurantkritik Sra Bua by Juan Amador | BISS

Kategorie | Aktuelles, Februar 2014

Restaurantkritik Sra Bua by Juan Amador

Sra Bua Titel

Asiatisch für Fortgeschrittene

im Hotel Kempinski Gravenbruch

 

Von Ludwig Fienhold

 

Juan Amador ist kein Chamäleon, wenn er jetzt neben einer avantgardistischen Küche und Nouvelle-Spanisch auch noch Asiatisches auskocht. Ideenreich war er immer, das Korsett eines „Molekularkochs“ musste er als viel zu einengend empfinden. Dieser fragwürdige Titel stimmte ohnehin nie so ganz, jetzt in seinem Restaurant in Mannheim noch viel weniger als zuvor in Langen. Der Hang zum Asiatischen besteht bei Amador nicht erst seit gestern und wird durch sein Engagement im Restaurant Water Library Thonglor in Bangkok untermauert.

Juan Amador ist zwar der künstlerische Leiter des neuen Sra Bua im Kempinski bei Frankfurt, doch als Küchenchef steht dort der 31 Jahre alte Dennis Maier am Herd. Außer bei seinem Mentor Amador kochte er im Da Gianni Mannheim sowie im Port Petit in Cala d´Or auf Mallorca und war zuletzt als Souschef im Restaurant Freundstück im Hotel Ketschauer Hof in Deidesheim tätig – allesamt honorige Adressen.

Amuse mit Schweinebauch

Amuse mit Schweinebauch

Im Sra Bua by Juan Amador wird stilübergreifend asiatisch gekocht, wobei Thailand und Japan besonders stark zu spüren sind. Man darf keine reintönende Küche irgendeines Landes erwarten, sondern die modern interpretierte Kulinarik verschiedener asiatischer Kulturen. Dabei stößt man auf viele bekannte Produkte der Haute Cuisine, doch Gänseleber, Trüffel und Kaisergranat werden durch asiatischen Aromen neu koordiniert. Es geht ein wenig exotisch, vor allem aber entspannt zu, weil die Gerichte nach Harmonie streben, ohne zu langweilen. Ganz im Gegenteil, durch die verschiedenen Rezeptoren entstehen spannungsreich verdichtete neue Geschmacksbilder. Exemplarisch ist der grazile Kaisergranat, um den sich ein grasgrünes Feld aus Apfelgelee, grünem Meerrettich und Wasabi-Eis ausbreitet. Das ist nicht nur optisch von großer Delikatesse, alle noch so kleinen und fein dosierten Komponenten formieren sich zu einer makellosen Einheit. Eine ähnlich lupenreine Konstellation ergibt sich auch bei der Jakobsmuschel, die erst mit geschickt eingesetzten Applikationen von Kakifrucht und zierlichem Rettich wachgekitzelt und durch einen umwerfend guten Sud auf Basis von weißen Tomatenschaum auf den Höhepunkt getrieben wird. Mit den Antipoden süß/salzig, sauer/fruchtig, cremig/knusprig spielen viele moderne Köche, doch bei diesem Gericht gelingt dies auf ganz wunderbare Weise. Bei Spitzenprodukten wie dem saftigen neuseeländischen Ora King Lachs bedarf es nur eines milden Reisessigschaums, krossen Algensalats und lauwarmer Gurkenscheibchen, um zu begeistern.

Ora King Lachs

Ora King Lachs

Es gibt durchaus das eine oder andere weniger fein ziselierte Gericht, allen voran das American Flank Steak, das gerade Grillfreunde wehmütig an den vergangenen Sommer denken lässt. Das sehr feste und saftige Fleisch wird im Sra Bua von fermentiertem, schwarzem und leicht süßlichem Knoblauch, Süßkartoffelpüree und verschiedenen Zwiebelformen passend handfest begleitet. Ein Flank Steak ist grundsätzlich bissfester als seine Verwandten und dürfte vielen Gästen Probleme bereiten, weil sie es als zu zäh zurückgehen lassen werden. Das Produkt ist jedenfalls nicht glücklich ausgewählt, zumal es weit bessere Alternativen gibt. Kein Glanzstück war auch die Poularde, die nicht mehr als solide zu bewerten ist, wobei die versprochene Trüffel-Sauce und die wenigen Trüffelscheibchen kaum Aroma spüren ließen.

Bei den lustvollen Desserts erlebt man stilsichere und detailbesessene Kombinationen. Allen voran die gebrannte Kokoscreme mit marinierter Ananas, Vanille-Sauce und Curry-Eis ist eine tropische Schönheit und steht für die ganze Küche: Sexy, stimulierend, impulsiv und an keiner Stelle langweilig.

Bei den Menüs erwartet den Gast ein spielerisches Potpourri an Vorspeisen und Naschwerk. Happen aus koreanischem Kimchi-Gemüse mit Yuzufrucht-Espuma und Rinderzunge als Vorspiel sind Lustmacher und keine Sattmacher.

Kaisergranat

Kaisergranat

Und selbst nach dem eigentlichen Dessert machen heitere Süßigkeiten à la Mandarinenschaum mit Purple-Curry nicht müde. Aufpassen muss man nur bei der gefährlich guten Paste aus Papaya, Mango und dem Thai-Chili Nam Prik, die zum Brot gereicht wird und leicht gierig machen kann.

Das Essen wird ästhetisch glanzvoll präsentiert. Zum Glück kommen dabei Schiefertafeln nur sparsam zum Einsatz, denn wenn man auf ihnen mit Messer und Gabel ins Kratzen gerät, kann dies nerven. Nicht aus der Fassung bringen lassen darf man sich auch bei manchen Weinpreisen – es sollte mehr Einstiegsmöglichkeiten zwischen 30 und 60 Euro geben, wobei auch die Glaspreise (10 – 16 € für 0,1) nicht gerade animieren. Es wird viel Gutes und Bewährtes vor allem aus Deutschland, Österreich und Frankreich geboten. Schön, dass es auch ein Sake-Sortiment gibt. Die Weine kommen korrekt temperiert an den Tisch, was leider immer noch nicht die Regel ist. Restaurantleiter und Sommelier Christian Schrader führt kompetent, engagiert und freundlich den Service. Die Uniformen mit Stehkragen und verdeckter Knopfleiste passen sich dem allgemeinen asiatischen Look an, auf dem Rücken wurde das Sra Bua-Logo, die namensgebende Thai-Lotusblüte in Gold eingestickt.

Mandarinenschaum Purple Curry

Mandarinenschaum mit Purple Curry

Vorerst finden 35 Gäste im Restaurant Platz, wenn mehr Routine ins Spiel kommt, kann bis zu 45 aufgestockt werden. Das sehr homogen gestaltete Restaurant rezitiert wie ein Mantra Figuren, Farben und Formen und wirkt ausgeglichen und wohnlich, wobei die Stühle ausgesprochen kommod sind. Die dekorativ struppigen und exotischen Bleistiftbäume aus der Florawerkstatt von Blumenkünstler Erhard Priewe beleben das Restaurant.  Da der Raum in einem schwungvollen Bogen gestaltet wurde, wirkt er nicht statisch. Das leicht meditative Dekor sollte aber keinesfalls zu einer Flüsteratmosphäre beitragen. Im Frühling wird auf der Terrasse eingedeckt – es sieht so aus, als wären wir bald soweit.

 

 

Siehe auch BISS-Artikel Juan Amadors neuer Streich – asiatische Aromen im Lotusblütenteich

US Beef Flank Steak

US Beef Flank Steak

Sra Bua by Juan Amador im Hotel Kempinski Gravenbruch bei Frankfurt, Tel. (069) 38988 660. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag 18.30 – 22.30 Uhr, Sonntag 12 – 15 Uhr.

5-Gang-Menü 119 €, mit Weinbegleitung 169 €. À la Carte: Vorspeisen 26 – 32 €, Hauptgerichte 36 – 40 €, Desserts 16 – 18 €.

Das erste Konzept wurde mit dem Sra Bua by Kiin Kiin 2010 in Bangkok gestartet. Inzwischen gibt es Sra Bua-Restaurants im Kempinski Hotel Das Tirol in Jochberg unter der Leitung von Mario Hofmann, im Kempinski Grand Hotel des Bains St. Moritz unter der Leitung von Axel Rüdlin sowie das Sra Bua by Tim Raue im Hotel Adlon Kempinski Berlin.

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold (19) Hotel Kempinski (2)

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