Ciao Mimmo! | BISS

Ciao Mimmo!

Titelbild

Der Pasta-Pate verlässt
das Restaurant La Villa

 

Paride „Mimmo“ Nicoli verlässt das Opel-Villen-Restaurant in Rüsselsheim. Seine authentische italienische und von seiner Heimat Friaul geprägte Küche hat ihn im ganzen Rhein-Main-Gebiet bekannt gemacht. Bis zum 31. Mai ist noch Gelegenheit ins Restaurant La Villa zu gehen. Bislang hat Mimmo kein neues Restaurant, ihn zieht es aber nach Mainz oder Frankfurt. Rüsselsheim, ohnehin sehr arm an attraktiven Zugpunkten, verliert damit den bislang einzigen gastronomischen Magneten. Nach acht Jahren war es für Mimmo Zeit für eine Neuorientierung, zumal der Standort immer problematischer wurde. Neuer Mieter in der Villa wird Fernsehkoch Michael Beck, der zudem noch das Restaurant La Fayence und die Flörsheimer Warte im Rheingau betreibt.

Die Opel-Villen sind auch ein architektonischer Leckerbissen. Das Haus aus dem Jahre 1915, in der klarlinigen Form von Historismus und Jugendstil entworfen, birgt trotz altem Parkett und Deckenstuck keinen Prunk. Aura und Design sind von erhabener Gelassenheit, wenngleich hier mit italienischem Temperament neues Leben erweckt wurde. Nicoli Paride, besser bekannt als Mimmo, verzichtet bei der Ausstattung und auf dem Teller auf Zierrat und kommt geschmacklich gleich zur Sache. Im Restaurant wird das serviert, was morgens eingekauft wurde. Die gegrillte Goldbrasse, saftig und fest im Fleisch, bedarf nicht mehr als einiger Tropfen Olivenöls. Bei der geschmorten Entenkeule, die zart vom Knochen fällt, erweisen sich Röstkartoffeln als angenehme Begleitung. Süffige Schmorgerichte sind eine Spezialität der Küche, die zu jeder Jahreszeit schmecken. Die Lammschulter wird in Rotwein lange auf dem Feuer gehalten und mit Polenta serviert. Mimmo prahlt nicht wie andere damit, dass dazu Barolo verwendet wird – er nimmt so oder so nur gute Weine für seine satten Saucen. Die Küche steht für einen lebendig-herzhaften Trattoria-Stil auf hohem Niveau, vieles kommt aus dem Backofen oder der Pfanne. Authentisch und bissecht sind auch die vielen Pasta-Varianten, die allein den Weg lohnen. Solche Nudeln macht kaum jemand so gut wie Mimmo.

Die meisten Sorten sind hausgemacht, selbstverständlich bereitet sie der Pasta-Pate al dente zu. Unbedingt probiert haben muss man Pici mit Ragout von der Kalbshaxe, Bigoli mit Entenragout und die friaulinischen Blecs mit Kaninchen. Sehr gut außerdem Minzi, gegrillte Nudeln mit Ochsenschwanz und Meerrettich oder hausgemachte Bigoli aus Käse, Spinat und Mangoldblättern mit Käsecreme und Walnüssen. Typisch Friaul und anders als andere Nudelgerichte sind Cialsons – Tortellini gefüllt mit einer Masse aus Quittengelee, Feigen, Rosinen, Zimt, Kartoffeln und geräuchertem Ricotta. Zudem gibt es gute und günstige Mittagsmenüs (3 Gänge plus 1 Glas Wein 22,50 €, mit zusätzlichem Pastagang 29,50 €).

Aus Mimmos Heimat, dem Friaul, stammt auch das Gericht Cotechino, dort Musett genannt. Ein Arme-Leute-Essen, wie vieles aus diesem Bereich eine deftige Delikatesse. In der warmen und wunderbar würzigen Wurst hat so ziemlich alles vom Schwein Platz gefunden, vor allem aber Speck, Schwarte und Fleisch. Sie schmeckt einfach nur auf einem Stück Polenta, doch Mimmo setzt dazu als erfrischendes Element Linsensalat mit Speck und roten, leicht süßlichen Zwiebeln ein und kombiniert dies mit sehr guter hausgemachter Entenstopfleber mit Mostarda, kandierten Senffrüchten. Mimmos Küche ist nicht vordergründig, er pflegt das raffiniert Einfache. Zu den schönsten Fleischgerichten gehören die in Rotwein geschmorten Kalbsbäckchen mit Polenta und weißen Zwiebeln und die konfierte Kaninchenkeule mit Olivengnocchi und gebratenem Fenchel. Auf der Terrasse lässt es sich angenehm bis in den späten Abend sitzen, zumal keine Nachbarn gestört werden können.

Mimmo und Lucia

Der Weinkeller hält viel Gutes bereit, kaum sonst wo kann man zu solch fairen Preisen große Barolos und andere erstklassige Tropfen bekommen. Der Barrique-Sauvignon von Ronco del Gnemiz führt die Nase in einen duftigen Sommergarten, von Castellada gibt es den besten Pinot Grigio Italiens, Anselmi sorgt für erstklassige und gehaltvolle Terrassenweine. Wer herausragende Rotweine sucht, wird bei Elio Altare und anderen Großen aus dem Piemont oder der Toskana fündig. In der Villa gibt es zudem nicht irgendeinen Prosecco, sondern einen erstklassigen Rosé-Spumante von Nino Franco. Mimmo kommt oft persönlich aus der Küche, um Gerichte zu empfehlen und zu erklären. Doch kann er sich auch auf einen sachkundigen und aufmerksamen Service verlassen – allen voran Lucia, die auch eine gute Pasta-Köchin ist.

LF

La Villa, Rüsselsheim, Ludwig-Dörfler-Allee 9, Tel. 06142 2 10 09 55. Täglich geöffnet 12 – 14 Uhr, 18 – 2.30 Uhr (Küche), Montag und Samstagmittag geschlossen. Hauptgerichte 14 – 25 Euro.

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